Reporter: Lara Croft, die Tomb Raider, die Frau, die mehr Gräber geplündert hat als der durchschnittliche Archäologe je im Leben betreten wird. Heute sitzt sie mir in einem Londoner Café gegenüber und sieht, wie erwartet, unerschütterlich und ein wenig müde aus. Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast, Lara. Beginnen wir mit einer klassischen Frage: Was hat dich dazu gebracht, so viele Gräber zu plündern?
Lara Croft: (lacht) Ach, weißt du, es war entweder das oder Buchhaltung. Und ganz ehrlich, die Vorstellung, mein Leben mit Steuererklärungen zu verbringen, erschien mir weniger abenteuerlich als der Kampf gegen ein paar mumifizierte Wächter und Dinosaurier.
Reporter: Tja, die Entscheidung scheint sich ja ausgezahlt zu haben. In deinen frühen Abenteuern haben wir dich dabei beobachtet, wie du riesige Puzzle gelöst, vergrabene Schätze entdeckt und regelmäßig um dein Leben gekämpft hast. Hat sich das jemals eintönig angefühlt?
Lara Croft: Oh, absolut. Nach dem zehnten antiken Mechanismus, der nur durch das Platzieren von drei verschiedenen Steinplatten aktiviert wird, sehnt man sich ein wenig nach einer simplen Tür mit einem normalen Schloss. Manchmal denke ich, die alten Zivilisationen hatten zu viel Zeit und zu wenige Schlosser.
Reporter: Verständlich. Die Rätsel in deinen Abenteuern scheinen immer komplizierter zu werden. Glaubst du, die alten Zivilisationen haben absichtlich all diese Fallen und Rätsel hinterlassen, um Leute wie dich fernzuhalten?
Lara Croft: Es ist, als hätten sie gewusst, dass eines Tages jemand kommen würde, der bereit ist, für ein goldenes Amulett seinen Körper durch ein Meer von Fallen zu schleudern. Aber ehrlich gesagt, glaube ich, sie hatten einfach einen enormen Spaß daran. Diese antiken Architekten müssen sich totgelacht haben, als sie eine schwingende Axt in der Nähe des Ausgangs platzierten.
Reporter: Die schwingenden Äxte… sie waren immer eine Herausforderung. Apropos Herausforderungen: Du hast nicht nur gegen Fallen und Rätsel gekämpft, sondern auch gegen eine Vielzahl von Feinden – von Söldnern über Dinosaurier bis hin zu übernatürlichen Wesen. Was war dein gefährlichster Gegner?
Lara Croft: Gute Frage! Die T-Rexe und überdimensionalen Bären waren natürlich eine Herausforderung, aber mein absoluter Erzfeind? Definitiv die Kamerasteuerung in meinen frühen Abenteuern. Ich sage es dir, die hat mich mehr Nerven gekostet als jeder Endgegner. Du denkst, du läufst geradeaus, und plötzlich springst du in den Abgrund, weil die Kamera beschlossen hat, in einen Felsen hineinzuzoomen.
Reporter: Viele deiner Fans erinnern sich nur allzu gut an diese Kameraprobleme. Wie gehst du damit um, wenn ein Spiel dich sabotiert, anstatt dir zu helfen?
Lara Croft: Man entwickelt eine gewisse Resilienz. Klar, es kann frustrierend sein, aber als Abenteuerin musst du auf alles vorbereitet sein. Auch darauf, dass dich die Steuerung manchmal mehr herausfordert als die eigentlichen Gegner. Aber hey, wenn ich ein paar hundertmal gegen die Wand laufe, bevor ich den richtigen Winkel finde, dann ist das halt Teil des Spiels, oder?
Reporter: So optimistisch bist du also? Keine Frustration, wenn du zum fünften Mal vom selben Vorsprung fällst?
Lara Croft: Oh, doch, ich fluche schon. Aber nach dem hundertsten Tod entwickelt man eine gewisse stoische Akzeptanz. Man könnte sagen, mein wahres Training bestand darin, meine Geduld zu stärken, nicht meine körperlichen Fähigkeiten.
Reporter: Das ist sicherlich ein Aspekt deines Berufs, den viele unterschätzen. Lass uns über deine Entwicklung als Charakter sprechen. In den frühen Spielen warst du bekannt für deine unerschütterliche Coolness und deinen, ähm, doch recht fragwürdigen Outfitstil. Aber in den neueren Spielen sieht man eine andere Seite von dir – verletzlicher, emotionaler. Wie stehst du zu dieser Veränderung?
Lara Croft: Weißt du, es war eine willkommene Abwechslung. In den alten Tagen war ich praktisch unantastbar, sowohl physisch als auch emotional. Ich habe Gräber geplündert, als wäre es mein täglicher Einkauf im Supermarkt, ohne jemals groß darüber nachzudenken. In den neueren Spielen haben die Entwickler beschlossen, mir ein wenig Tiefe zu verleihen. Jetzt weine ich gelegentlich über die Gräber, die ich plündere – das gibt allem einen Hauch von Dramatik.
Reporter: Man könnte also sagen, die Entwickler wollten dir einen moderneren, menschlicheren Touch verleihen?
Lara Croft: Genau. Früher ging es darum, wie viel ich tragen konnte, während ich in hautengen Shorts durch den Dschungel lief. Jetzt geht es darum, wie viel emotionales Gepäck ich mit mir herumschleppe, während ich immer noch in der Wildnis überlebe. Es ist fast so, als wäre mein wahrer Gegner jetzt das Trauma, nicht die Fallen oder Bösewichte.
Reporter: Trauma ist ein gutes Stichwort. Du hast sicherlich mehr als genug davon erlebt – von tragischen Verlusten bis zu schmerzhaften Nahtoderfahrungen. Glaubst du, du könntest jemals in Rente gehen und ein ruhiges Leben führen?
Lara Croft: Puh, ich habe es versucht. Es ist nicht einfach. Selbst wenn ich versuche, ein ruhiges Leben zu führen, finde ich irgendwie immer noch eine antike Karte oder höre von einem verschollenen Artefakt. Es ist fast so, als ob ich magnetisch von Abenteuern angezogen werde. Ruhestand und ich? Das ist wie Öl und Wasser.
Reporter: Gibt es überhaupt eine Vorstellung von einem „normalen“ Leben für dich?
Lara Croft: Normal ist relativ, oder? Manche Menschen verbringen ihre Wochenenden damit, im Garten zu arbeiten oder Netflix zu schauen. Ich verbringe meine damit, in verlassene Tempel einzubrechen und mystische Artefakte vor der Zerstörung zu bewahren. Für mich ist das normal. Wenn ich jemals einen ruhigen Nachmittag hätte, wüsste ich wahrscheinlich nicht, was ich mit mir anfangen soll.
Reporter: Das klingt fast wie eine Sucht nach Abenteuer. Würdest du das so sehen?
Lara Croft: Oh, definitiv. Wenn du einmal einen gigantischen Dinosaurier besiegt hast, sind normale Dinge wie Einkaufen oder Staubsaugen einfach nicht mehr aufregend. Es gibt immer diesen Drang, etwas Größeres, Gefährlicheres zu tun. Ich meine, ich kann nicht einfach „zurück ins Büro“ gehen, nachdem ich den Weltuntergang dreimal verhindert habe.
Reporter: Wenn man von modernen Herausforderungen spricht – was hältst du von der aktuellen Entwicklung der Videospielindustrie? Mit all den Mikrotransaktionen, Battle Passes und der wachsenden Bedeutung von Multiplayer-Modi?
Lara Croft: Tja, ich habe nie einen Season Pass gebraucht, um in eine Pyramide einzubrechen, aber heutzutage scheint das die Norm zu sein. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als du ein Spiel gekauft hast, und das war es – kein ständiges Zahlen für kosmetische Updates oder exklusive Skins. Ich bin mir sicher, wenn ich heute in meinen ersten Tomb Raider-Einsatz starten würde, müsste ich wahrscheinlich für ein „Legendäres Grab-Ausgrabungsset“ extra bezahlen.
Reporter: Es klingt, als würdest du die alten Zeiten bevorzugen.
Lara Croft: Absolut. Klar, ich verstehe, dass die Spieleindustrie sich verändert hat. Aber manchmal vermisse ich die Einfachheit. Früher hat man sich hingesetzt, ein Spiel gespielt und es genossen, ohne ständig daran erinnert zu werden, dass es einen In-Game-Shop gibt. Aber hey, so ist das eben, und ich passe mich an. Vielleicht sollte ich anfangen, für meine Abenteuer zu werben: „Finde den heiligen Dolch und erhalte einen kostenlosen Lara-Skin!“ (lacht)